der zweitschlechteste Beifahrer

Da Dragan und ich für den Nachmittag das gleiche erklärte Ziel hatten, nämlich den Perucac See zu besuchen um schwimmen zu gehen, entschied die beste aller Ehefrauen das es doch praktisch sei das Dragan und seine Familie gleich mit uns zusammen in dem von mir gecharterten Kleinbus mitfahren würden.

Wir holten nur schnell unsere Schwimmsachen und ich fuhr den Wagen vor.

Während die immer zu quatschende Vermieterin Dragan eine handgemalte Karte in die Hand drückte, überlegte ich ob es bei der Bewertung auf booking.com nicht Sinn machen würde, den Grat der Belästigung durch ungebremstes reden, in den Stufen von 1 angemessen und 10 unerträglich anzugeben. Unsere Vermieterin würde vermutlich auf eine durchschnittliche Rezession von 9,6 Punkten kommen. Auf der Website würde erscheinen das diese Unterkunft für einsame Single Reisende auf der Suche nach unaufgeforderten Gesprächen überwiegend als positiv bewertet worden sei.

Dragan und sein Sohn Nikolas nahmen neben mir in der ersten Reihe Platz. Dazwischen waren diverse Pubertiere aus zwei Kontinenten und im hinteren Bereich saßen die Göttergattin und Marta, die Ehefrau von Dragan.

Endlich saßen nun alle im Auto und es ging auf einen mit Schotter befestigten Weg noch höher in die Berge, vorbei an ein paar Kühen die uns verwundert hinter her starrten.

Wäre ich doch Kuhflüsterer, dann hätte ich das Muhen als eindeutigen Warnhinweis verstanden. Da ich weder serbisch noch die Sprache der Kühe verstehe war das nun kommende nervenaufreibende Abenteuer unausweichlich.

Zunächst blieb der Zustand der Straße analog zu dem Anfang der Route. Zirka 5m breit mit einer gleichmäßigen Schicht bedeckt aus ungefähr Daumen großen Kieselsteinen. Doch das Glück währte nicht lange, denn an der nächsten Gabelung führte unser Guide uns schon ins Verderben.

Statt der eigentlichen Route nach rechts zu folgen gab Dragan vor wir sollten nach links abbiegen und den Straßenschildern keine weitere Aufmerksamkeit schenken, da er uns über Google Maps uns lenken würde.

Bereits 10m weiter verschlechterte sich der Strassenbelag deutlich. Aus der gleichmäßigen Schicht wurde eine nicht enden wollende Kraterlandschaft. Immer wieder musste ich in einem Zickzack Kurs um die tiefen Schlaglöcher herum fahren, um einen möglichen Achsenbruch, oder ein Steckenbleiben zu verhindern. Zwar kannte ich vergleichbare Routen aus Island, die hatten wir allerdings mit einem Land Rover und einem erfahrenden Guide am Steuer befahren. Jetzt stellte ich mich diesem Weg mit einem Opel Vivario. Nun gut dachte ich mir, als Deutscher und somit Sohn Europas Autobauer Nummer 1 werde ich das wohl schaffen. Ausserdem bin ich in den Kasseler Bergen groß geworden und somit automatisch qualifiziert für derartige Herausforderung. Immer weiter und tiefer führte uns der Weg in das Gebirge . Aus den im Ursprung 5m waren jetzt nur noch knapp 3m Strassenbreite übrig geblieben. Es schien so das die deutliche Verschlechterung der zu befahrenden Route nur den männlichen Teilnehmern dieses Adventures Trips bewusst wurde. Vermutlich war der Redewahn der Vermieterin nur bei weiblichen Wesen ansteckend gewesen. Denn im hinteren Teil wurde anregend über alles gesprochen, nur aus dem Fenster wurde nicht geschaut. Anerkennung erhielt ich nur von Nikolas, dem Sohn von Dragan, der meinte das ich richtig gut Autofahren würde, da sein Vater immer durch die Schlaglöcher gefahren sei. Ich hatte Mitleid mit Dragan, woher sollte er denn als Kanadier auch das können, was uns Deutschen in die Wiege gelegt wird.

Nach weiteren 10 Kilometern gabelte sich wieder der Weg und wieder entschied sich Dragan für einen noch schlechteren Weg. Dieses Mal ging es nun steil bergab in einen Waldabschnitt. Die Kurven folgten wie Perlen, aufgereiht auf einer Schnur in mindestens 180Grad Wendungen. In der Kombination von dem auf und absteigen des Wagens aufgrund der nicht mehr auszuweichenden Schlaglöchern und dem ständig sich verlagernden Gewichtes durch die Kurven wurde nun auch endlich die Göttergattin auf den miserablen Zustand des Weges aufmerksam. Es war Zeit für den Guardian of the Galaxy - und die beste aller Ehefrauen forderte mich auf, auf der Stelle den Wagen zu wenden und zurück zur letzten Straßen Gabelung zu fahren. Das war nun leichter gesagt als getan, musste ich doch dieses Raumschiff auf einen knapp 2,2m breiten Feldweg wenden, unter Berücksichtigung diverser durch den Regen ausgespülte Schlaglöchern. Dragan war an dieser Stelle keine wirkliche Hilfe, starrte er doch nur verlegen auf sein Handy. Dafür funktionierte mein humanoides Park Distance Control einwandfrei. Begleitet durch diverse spitze Schreie der besten aller Ehefrauen, wenn der Wagen sich den Bäumen näherte, oder der Wagen die Horizontale verliess, konnte ich dann doch statt in den gelernten 3 Zügen, dafür aber in 7 Zügen den Wagen in einer der Kurven wenden und fuhr zurück zur letzten Weg Gabelung. Von nun an übernahm Schatzi die Führung. Vorbei an Waldarbeitern, die nach der freundlichen aber bestimmten Aufforderung meiner Frau auch Ihren Trecker an die Seite fuhren um uns vorbei zu lassen.

Endlich nach weiteren 30min erreichen wir einen Fahrbelag, der den Begriff Straße nach EU Verordnung verdiente und von dort ging es nun in Serpentinen den Berg hinab zum Perucac See. Offen gesagt hatte ich nicht mehr damit gerechnet heute noch mein Tagesziel zu erreichen. Um so glücklicher war ich als wir die Staumauer passierten und das blaue Nass vor uns erblickten. Den Nachmittag haben wir dann auf einem der vielen Hausboote verbracht, während die Kids sich auf der schwimmenden Badeinsel austobten. Als Entschädigung für die miserable Leistung als Beifahrer lud Dragan uns am Ende noch zum Essen ein. 

Gegen 18:00Uhr machen wie uns dann auf den Weg zurück nach Drvengrad und Dragan versprach uns uns über einen besseren, deutschen Weg zu lotsen. 

Was soll ich sagen? Da Dragan zwar in seiner tiefsten Überzeugung Serbe ist, aber leider kein kyrillisch gelernt hatte ging auch dieser Versuch schief und wir landen in einer Sackgasse, an deren Ende wir auf ein Kloster trafen.

Von nun an schwieg ich wie einer der Mönche aus dem genannten Kloster , musste ich doch bis hier her den lustigen Onkel am Steuer spielen - damit war jetzt Schluss und statt der Klimaanlage reicht meine eisige Stimmung aus den Wagen auf eine erträgliche Temperatur abzukühlen.

In Drvengrad angekommen verabschiedete ich mich von der Reisegruppe und verschwand in unserer Unterkunft. Für heute hatte ich genug von Serben, die kein serbisch konnten. "Morgen reisen die zum Glück ab" dachte ich und dann werde ich endlich wieder die Führung im Auto übernehmen.

Gute Nacht.....