als erstes kommt der Schluss

Heute früh, sehr früh musste ich mein geliebtes Belgrad wieder verlassen. Nachdem die letzten Tage ohne einen festen Plan vorüber gezogen waren und es nicht um das Einhalten von Terminen und Zielen ging sind wir heute Morgen von Todor um 04:15AM abgeholt worden. Todor ist einer von zwei Brüdern, die den privaten Shuttle Service vom und zum Flughafen für das Eden Garden - unserem bevorzugten Domizil in Belgrad - übernehmen. Für rund 17€ ist das ok.

Gegen 04:38AM waren wir dann bereits am Nikola Tesla Flughafen und ich hatte mich schon auf 4 lange Warteschlangen für den Check-in und Bagage drop-off eingestellt, doch heute früh waren diese recht übersichtlich. Nach nur 10min waren wir die Koffer mit den vier Weinflaschen los und so gingen die beste aller Ehefrauen und ich Richtung Passkontrolle. Auch hier lief alles wie am Schnürchen - und so saßen wir bereits um 04:55AM bei einem Cappuccino und einem Tee in einem bereits geöffneten Coffeestore.

Die Zeit zog sich hin, aber irgendwann packte mich meine innere Nervosität und ich forderte die beste aller Ehefrauen auf doch langsam mit mir Richtung Abfluggate zu gehen. Schließlich wollte ich noch einmal auf die Pippibox und Madame hatte vor sich eine kühlende und beruhigende Augenmaske aufzulegen. Peinlichkeit hat vermutlich im Serbischen eine andere Bedeutung. Als wir das Gate erreichten herrschte recht wenig Andrang  - irgendwie komisch dachte ich noch. Als die beste aller Ehefrauen sich bei dem Bodenpersonal der Wizzair erkundigen wollte, ob wir am richtigen Gate sein wurde sie mitten in der Frage unterbrochen. Eine der vier Grazien erklärte im besten serbisch das der Flug 2 Stunden Verspätung habe. Oh man, dafür war ich um 03:15AM aufgestanden. Nun gut, jammern hilft da nix, ist am Ende immer höhere Gewalt. Zunächst nahmen wir auf einer der vielen, langen Bänke vor dem Abfluggate Platz und ich fing an zu schreiben, während Madame tatsächlich Ihre Augenring Protect Maske aus der Tasche zog und diese sich demonstrativ auf das Gesicht legte. Ich versuchte die irritierten Blicke der meist ländlichen, serbischen Mitreisenden zu ignorieren und konzentrierte mich ganz auf meinen Blog.

Plötzlich und unerwartet kam Bewegung in die vor Müdigkeit geplagte Reisegruppe Belgrad/ Dortmund W64091. Wie von unsichtbarer Hand geführt erhoben sich plötzlich scharenweise die wartenden Passagiere von Ihren Plätzen. Schatzi wäre nicht der Guardien of the Galaxy wenn sie nicht herausfinden würde was da vor sich ginge.

„Wir müssen zum Gate 4“ - forderte sie mich auf - „da geht der Flieger nach Dortmund.“ Schade dachte ich, so früh - dann werde ich doch noch in die Firma müssen. Also klappte ich meinen Laptop zu und folgte ihr. Es war wieder einer der Sternstunden indem mir klar wurde das ohne meine Frau auf der Welt einfach nichts läuft. Auch hier am Nikola Tesla Flughafen zeigte sie wahre Führungsqualitäten und forderte nun alle herum sitzenden Passagiere egal ob nach Dortmund gebucht oder nicht auf sich Richtung Gate 4 zu bewegen. Dabei ging sie in Ihrer großen Verantwortung gegenüber aller Mitreisenden auf dem Weg zum Gate nun in die einzelnen Coffeestores und wiederholte mit ihrer klaren und durchdringenden Stimme was zu tun sei und weckte somit auch die letzten dem Powernapping verfallenden Fluggäste auf.

Leider, oder Gott sei Dank ging doch noch nicht unser Flug, stattdessen erhielten wir alle nur einen Voucher für ein Getränk am Gate 4.

Die beste aller Ehefrauen hatte bleibenden Eindruck bei den Passagieren hinterlassen und so verwunderte es mich nicht das Schatzi plötzlich mit einer älteren, stark verunsicherten Dame im Schlepptau erschien. Ich nehme an das die Frau in der besten aller Ehefrauen die würdige Erbin und Nachfolgerin Titos sah und diese sich bereitwillig der neuen Herrscherin anschließen wollte.

Ich verhielt mich weiterhin ruhig und unauffällig und ich nehme an das die ältere Dame in mir so etwas wie den persönlichen Assistenten der neuen Königin sah.

Nach 2Stunden ging es dann endlich los und Dank Priority Boarding konnten wir mit unserer Entourage das Boarding Gate betreten.

Zunächst befürchtete ich, das sich unsere Flugzeit ein weiteres mal verlängern würde. In den Flieger stieg ein sehr, sehr alter Mann, der wiederum auch sehr, sehr blass war, begleitet von seiner Ehefrau. Irgenwie ging es ihm mit der nervösen Vorfreude auf den Flug nicht wirklich gut. Die freundlichen Stewardessen vergewisserten sich noch einmal bei der Ehefrau, ob der Mann denn auch Flug fähig sei. Diese antwortete nur "Wir haben den Flug bezahlt, also fliegt er jetzt auch!" In der serbischen Kultur ist man eben einfach nicht so zimperlich und geht mit den Herausforderungen etwas pragmatischer um. Sicherheitshalber fragte die Stewardess allerdings noch einmal über die Bordlautsprecheranlage nach, ob zufällig ein Arzt anwesend sei - war natürlich nicht, dafür aber eine Krankenschwester, die erhielt als Vorsorge dann schon mal den Erste-Hilfe Koffer auf den Schoß. Der Flug verlief dann doch ohne weitere Zwischenfälle. Allerdings nach der Landung habe ich dann nicht gleich das Auto wiedergefunden - ich fürchte das sind die ersten Anzeichen meiner kommenden Senilität und demnächst wird die beste aller Ehefrauen dann die komplette Kontrolle über meine Leben übernehmen, aber das werde ich wohl nur am Rande mitbekommen.