Tagestour Köln Teil 1

Neulich habe ich eine Zugfahrt unternommen. Mit dem NRW Tagesticket sollte es mit der gesamten Familie nach Köln gehen. Ganz entspannt, ohne Hektik und vor allem Kosten günstig. Und so hatte ich ganz altersgerecht mich persönlich bei der Deutschen Bahn am Hauptbahnhof Bielefeld nach den Abfahrtszeiten erkundigt und den entsprechenden Tag gewählt.

Es ist 07UHR12 und ich bin seit 10min wach und bereite mich mit meinen täglichen mentalen Yoga Übungen, während ich auf der Toilette sitze, auf die unvorhersehbaren Ereignisse die wie jeden Tag auf mich niederprasseln, vor.

Alles läuft nach Plan. Während sich die 4 Göttinnen ganz und gar nur um ihre äußere Erscheinung kümmern, koche ich Kaffee, mache Frühstück und packe zum Überleben im Großstadt Dschungel wichtige Dinge ein wie Akkukabel und eine Powerbank ein, damit ein ungebremster Konsum der Sozialen Netzwerke immer und jeder Zeit auch machbar ist.

Ich hatte mir für den Tag nur zwei Dinge vorgenommen. Zum einen in das Museum Ludwig zu gehen und zum anderen in das Candy Museum, in dem man vor allerlei Kulissen jede Menge Insta taugliche Selfies machen kann, da mein Micro Influencer Account dringend Nachschub braucht. Leider stellte sich heraus das seit Anfang April das Candy Museum geschlossen ist und so blieb zumindest ein Wunsch noch übrig. Mein Plan stand schon seit Tagen fest und ich hatte nach besten Wissen und Gewissen versucht eine Kommunikation zu wählen, in der die Chancen etwas höher ausfallen als in einem klassisch verbalen Gespräch, um meine Wünsche den weiblichen Familienmitgliedern mitzuteilen und hatte diese im Familien Chat gepostet. Wie zu erwarten gab es keinerlei Reaktion auf meine Vorschläge und natürlich auch keine Gegenvorschläge - nicht zu einem derart frühen Zeitpunkt.

Es ist mittlerweile 08UHR45 und immer noch „intime“ beginnt Harleyqueen mit einer ersten oberflächlichen Recherche was sie doch alles in Köln erleben möchte. Ich halte mich zurück und kommentiere dies nicht.

Mittlerweile ist es 08UHR57 und von Dramaqueen ist weit und breit noch nichts zu sehen und zu hören. Seit dem sie oben unterm Dach residiert erscheint sie in der Regel erst zum boarding mit der Erwartung, dass alle allgemeinen Aufgaben bereits erledigt sind. Exakt um 09Uhr05 erscheint sie dann und wir können gemeinsam das werte Heim verlassen.

Wir sitzen in der Straßenbahn und Dramaqueen überprüft die Reiseroute die ich vor 2 Tagen in den Familien Chat gepostet habe. Kritisch meint sie das sie und Rebecca eine effiziente Route gewählt hatten (damit meint sie 2x Umsteigen und 20min eher in Köln sein). Ich habe mich für nur 1x Umsteigen entschieden da wir heute ja mit jeder Menge Zugfahranfängern unterwegs sind und das Risiko jemanden beim Bahnsteigwechsel zu verlieren war mir zu einfach hoch.

Unglaublicher Weise erreichen wir ohne weitere Vorkommnisse den Hauptbahnhof und bewegen uns direkt zu unserem Abfahrtsgleis. Vor uns liegt nun die größte Herausforderung. Mit dem NRW Ticket und der Nutzung von Regional Zügen gibt es auch keine Platzreservierung. Das ist für die drei Pubertiere und die Göttergattin neu, da sie es bisher gewohnt waren immer ihrem Rang entsprechende Sitzplätze zu haben. Mein Masterplan sieht folgendes vor. Die beste aller Ehefrauen und ich werden uns einen Zweier Sitz suchen, während die Pubertiere als Aufgabe des Tages sich selber ihre Plätze suchen sollen. Das fördert hoffentlich die Selbstständigkeit und ein baldiges Ausziehen von zu Hause. Während wir warten ziehe ich mich in mein Inneres zurück um mich den verbalen Auseinandersetzungen der anderen Mitreisenden der Reisegruppe Z zu entziehen. Denn aufgrund der Vorfreude findet wie immer ein wortgewandter Schlagabtausch statt, der auf Außenstehende recht befremdlich und verletzend wirken muss, aber innerhalb des geschlossenen Familienkreises nur Liebe bedeutet-hoffe ich zumindest.

Der Zug fährt ein und ich erinnere noch einmal die beste aller Ehefrauen eindringlich an den Plan mit den Sitzen. Wie immer ergattert Schatzi die Pool Position und stürmt in den noch halbleeren Zug, vor allen anderen Passagieren. Dicht gefolgt von unserer Dramaqueen die den Anschluss nicht verpassen möchte und ihren beiden jüngeren Schwestern. Ich folge mit einem gewissen Sicherheitsabstand, möchte ich doch nicht bei den unvorhersehbaren schlagartigen Richtungsänderungen der besten aller Ehefrauen überrannt werden.

Schatzi erreicht nun eine Vierer Sitzgruppe und sperrt mit vollem Körpereinsatz weiträumig den Bereich, um allen anderen Mitreisenden den Zugang dazu zu verwehren. Während sich Dramaqueen und Harleyqueen auf die Sitze schlängeln stehe ich etwas verwirrt im Gang. Was hatte die beste aller Ehefrauen an meinem Plan mit dem Zweiersitz nicht verstanden und wo war bitte die selbständige Suche nach verfügbaren Sitzen der Pubertiere? Ich resigniere und nehme frustriert in einem dreireihigen Abstand auf einem Zweier mit Beautyqueen Platz. „Wieso setzt Du Dich nicht zu uns?“ fragt die beste aller Ehefrauen. Ich antworte nicht. In meinem Kopf versuche ich eine Antwort zu finden auf die mathematische Gleichung wie ein Vierer Sitz und 5Personen passen könnten und was war eigentlich mit dem Plan nur einem Zweier Sitz zu suchen? Egal reden ist Silber, schweigen ist Gold. Nach 15min bewusst starren Blickes aus dem Zugfenster erinnert sich die beste aller Ehefrauen an den ursprünglichen Plan und tauscht mit Beautyqueen den Platz. So habe ich doch noch meinen Zweier bekommen, allerdings hat hinter uns eine arabische Großfamilie Platz genommen und gestikuliert wild untereinander. Begleitet wird dies noch von rhythmischen Tritten an unsere Rückenlehnen. Ja ja eine Zugfahrt die ist lustig.

Nach 2Stunden erreichen wir endlich Düsseldorf. Etwas taub im Nacken durch das permanente penetrieren der Rückenlehnen steige ich mit dem Rest der Familie aus. Laut Plan müssen wir nun mit der S6 Richtung Köln. Als Vielreisender versuche ich mich schnell zu Recht zu finden. Das ist gar nicht so einfach da ich von einer Gruppe von Fahranfängern begleitet werde die wild gestikulierend durch den Bahnhof offensichtlich orientierungslos stürmen und mit unqualifizierten Bemerkungen mich dabei ablenken. Gott sei Dank kann ich noch rechtzeitig verhindern, dass die 4 Grazien mit der Rolltreppe in das Untergeschoss fahren, müssen wir doch hoch auf Gleis 11.

Die S6 kommt planmäßig, trotz Bauarbeiten an den Gleisen und so können wir unsere Weiterfahrt nach Köln antreten. In der S-Bahn treffen wir einen alten Bekannten. „Carlos“ ein Cocker Spaniel der mit seinem Obdachlosen Herrchen Petr durch NRW reist. Dabei hat sein Herrchen gar sonderbare Züge angenommen. Nicht nur das er, egal bei welchem Wetter, mit kurzen Hosen unterwegs ist - nein er redet lautstark mit sich oder einem unsichtbaren, fiktiven Freund auf polnisch. Immer wieder erwische ich mich dabei wie ich ihn anstarre und das Handy suche in das er vermeintlich spricht. Als ein Türke mit einem Fes die Bahn betritt fühlt sich Carlos gestört, der liegt nämlich mitten im Gang. Bis Köln Deutz wird der arme Türke von Carlos fixiert und in regelmäßigen Abständen angeknurrt.

 

Endlich kommen wir am Kölner Hauptbahnhof an und die Reisegruppe Z steigt unter lautem Geschrei aus. Nach ein paar Minuten verlassen wir das Bahnhofsgebäude und steuern direkt auf den Dom zu. Die beste aller Ehefrauen hatte zu Begin der Reise etwas von 26Grad gesagt und die Kinder genötigt sich sommerlich anzuziehen. Hier auf der Domplatte liegt die gefühlte Temperatur bei knapp 12Grad in der Sonne. Vermutlich stimmt etwas mit ihrem Handy nicht - sagt sie und die Kids frieren. Aus strategischen Gründen trennen wir uns im Dom. Ich möchte mit den Pubertieren nicht in Verbindung gebracht werden, wenn diese sich mal wieder unangemessen in der zweithöchsten Kirche Europas benehmen. So gehen die Teilnehmer unter 20 der Reisegruppe Z rechts um den Altar, während die beste aller Ehefrauen und der einzige Teilnehmer Ü50 links herum gehen. Wir besuchen noch die Krypta des Doms. Die ist ganz schön klein, dunkel und nur grau. Nächste Woche geht es wieder nach Belgrad. Da ist die Krypta komplett in Gold und ein vielfaches größer als hier. Schatzi würde sagen, wer kann der kann und ich muss gestehen das die zweithöchste Kirche Europas eine prunkvollere Krypta verdient hätte als diese Besenkammer. Zum Glück ist das nicht der hippste Ort für Insta Bilder und somit hat Schatzi auch einsehen und wir verlassen nach der Krypta auf dem direkten Wege den Kölner Dom.

Nun stehen wir vor den Toren aber die drei Pubertiere sind weit und breit nicht zu sehen. Ich frage mich was die drei Kulturbanausen solange in der Kirche machen. In meinen schlimmsten Vorstellungen machen diese vermutlich eine Wasserschlacht am Taufbecken oder pusten die Kerzen der Heiligen Maria aus. Aber darüber möchte ich nicht nachdenken mein Thema des Tages ist heute die Selbständigkeit und so fordere ich die beste aller Ehefrauen auf das wir nun in das von mir erwählte Museum gehen und die drei Prinzessinnen einfach nachkommen sollen. Schließlich haben alle drei ein Handy und können über google maps den Weg zum Museum SELBSTSTÄNDIG finden.

Als wir das Museum betreten muss ich allerdings als erstes austreten - ist vermutlich eine dieser biologischen Altersbegleiterscheinungen und dann werde ich mich nach den Eintrittspreisen erkundigen. Nach 5min erscheinen auch die drei Prinzessinnen im Museum.

Mit den Tickets in der Hand und den Kids im Schlepptau begeben wir uns Richtung Eingang und die beste aller Ehefrauen befragt die etwas gelangweilte Türsteherin wie lange man wohl für die Besichtigung des Museums benötigt? Die Antwort ist 4 bis 5 Stunden. Soviel Zeit haben wir gar nicht, denn wir wollen ja noch ins Schokoladen Museum und etwas essen müssen wir auch. Also wird ein neuer Schlachtplan gemacht. Auch hier teilt sich die Reisegruppe auf. Während wir die 3 Pubertiere im Erdgeschoss in der temporären Ausstellung zurücklassen eilen wir in das 2. Obergeschoss in die PopArt Abteilung - war eh das einzige was ich mir ansehen wollte. Weiter geht es im Schnellschritt vorbei an den Bildern von Roy Lichtenstein und Andy Warhol als ich plötzlich eine unauffällige Drehtür zu meiner linken entdecke. Ich bin überrascht, das dieser Zugang zur Terrasse nicht verschlossen ist und so gehen wir an die frische Luft. Niemand außer uns ist hier. So können wir ganz ungeniert Selfies machen. Nach knapp 12min sind alle Posen im Handy gespeichert.

Jetzt haben wir noch 15min bis zum verabredeten Zeitfenster und ich schlage der besten aller Ehefrauen vor das wir schon mal alleine Kaffee trinken gehen, bevor die geballte hormongesteuerte Inquisition auf uns treffen wird.

Ende Teil 1