Ist Lissabon eine Reise wert? Tag 1

Ich bin mit der besten aller Ehefrauen unterwegs zum Flughafen nach Düsseldorf um unseren lang ersehnten Wochenendtrip nach Lissabon anzutreten.

Viel weiß ich nicht über die Metropole im Süd Westen Europas. Nur das es hügelig dort ist und das die Stadt am Meer liegt.

Die Fahrt zum Flughafen ist entspannt und ohne größere Vorkommnisse. Der Flug geht erst um 15:00Uhr. Dank einer Kurznachricht der ausführenden Fluglinie können wir sogar unser Handgepäck aufgeben und so betreten wir ohne Gepäck die Maschine.

Vor einer Woche bin ich mit Turkish Airlines geflogen. War auch ein 3h Flug. Da gab es ein warmes Essen und Getränke inklusive sowie ein reichhaltiges Entertainment Programm for free. Nun gut bei Eurowings sieht das anders aus. Es gibt nix zu Essen, Getränke muss man bezahlen und für das Entertainment Programm muss man am Ende sogar selber sorgen.

Schatzi ist etwas verstimmt. Sie wundert sich das „wir“ in Reihe 19 Platz nehmen. Bei Wizzair sitzen wir ja immer in der ersten Reihe, eventuell in Reihe 2. Nun gut, auch wir müssen irgendwann mal Geld sparen und die 3Stunden gehen ja auch wie im Flug vorbei.

Die Landung wird sehr holperig. Das hatte der Flugkapitän ja bereits angekündigt. Irgendetwas von Wind und einem möglichen zweiten Landeanflug hatte er gesagt. Mein portugiesischer Sitznachbar meint der Kapitän sei ein Stümper, er würde jede Woche die Strecke fliegen, aber so etwas hätte er noch nie erlebt.

Am Ende sind wir doch heil am Gate angedockt. Bevor die Anschnallzeichen allerdings ausgeschaltet werden springen die ersten schon auf. Nur raus aus der Maschine denken die sich wohl bevor der Kapitän doch noch mal durchstartet.

Der Flughafen in Lissabon ist schon etwas in die Jahre gekommen. Das hatte ich nicht erwartet. Auch die Kofferbänder haben schon mal bessere Zeiten erlebt und so stehen wir in der schäbigen Halle am baggage claim mit all den anderen Reiselustigen und warten.

Mit unserem Koffern begeben wir uns Richtung Touristen Information. Schatzi hatte entschieden das wir mit dem Bus fahren. Und nach einem kurzen Wortwechsel mit einer netten jungen Dame am Info Schalter geht es schon zur Linie 1 Richtung Rossio.

Hier findet sich allerdings schon die erste Herausforderung. Die wollen Bargeld-nix mit V-Pay oder so. Hier scheint Portugal noch weit hinter Deutschland zu liegen was das bargeldlose Bezahlen angeht.

Während ich noch mit dem Kleingeld kämpfe hat Schatzi schon wieder angefangen mit fremden Menschen zu reden. Diesmal werde ich genötigt Bekanntschaft mit einer polnischen Altenpflegerin zu machen die jetzt mit Ihrem “Patienten” liiert ist. Dieser erinnert mich an einen Mischung aus Loriot und Kardinal Ratzinger. Während der Fahrt fragt mich die polnische schwarze Witwe wo wir aussteigen und ob ich wüsste wo die Station Restauradores ist? Ich habe noch den Plan von der Info und teile ihr mit das wir an der Endstation aussteigen werden, sie müsse mit Kardinal Ratzinger bitte eine vorher aussteigen. Als sie das Ihrem Begleiter ins Ohr haucht antwortet dieser entrüstet, das dass nicht stimmen würde! Er würde auf jeden Fall eine weiter fahren. Ist mir doch egal, denke ich mir. Dann fahr doch eine weiter. Ich habe den Plan und da steht ihr müsst eine vorher raus. Ist wohl eine aggressive Form des Alters Starrsinn. Ist unheilbar und das kenne ich auch von meinem Vater. In solchen Momenten hoffe ich, das dass nicht vererbbar ist.

Wir nähern uns der vorletzten Station. Als auch der Busfahrer den Namen Restauradores ausruft besinnt sich Kardinal Ratzinger. In aller Ruhe packt er nun seine 2 Koffer und seine Lustgespielin und wankt aus dem Bus. Zum Abschied schenkt er uns noch ein alt Herren Winken und ein verschmitztes Lächeln. Jetzt wirkt er fast so sympathisch wie Hannibal Lecter.

Endstation, auch wir müssen nun aussteigen. Ich rufe nun die Adresse des Hotels auf, laut Google sind es nur 4min zum Hotel. Zielsicher führe ich die beste aller Ehefrauen Richtung Hotel über den Largo de São Domingos. Plötzlich werden wir von einem Nordafrikaner angesprochen. Was er will habe ich nicht verstanden, ich war zu sehr mit der Route zum Hotel beschäftigt. Aber wie mein Vater schon erklärte und vorlebte - niemals Augenkontakt, nicht antworten und einfach weiter im Stechschritt vorbei. Erst später werde ich realisieren was der Typ von uns tatsächlich wollte.

Die App sagt wir sind da. Aber ich sehe das Hotel nicht. So ein Mist. Vielleicht liegt das Hotel doch in der Parallel Straße und ich fordere die beste aller Ehefrauen auf mit mir wieder zurück zum Platz zu gehen.

Wieder werden wir angesprochen. Marihuana, Shit, Koks. Bitte? Sehe ich aus wie ein Junkie? Noch entschlossener gehe ich an den Typen vorbei und würdige sie keines Blickes. Schatzi ist auch verwundert und plagt sich jetzt mit Vorwürfen. Hatte sie doch diesmal die Entscheidungsgewalt bei der Wahl der Unterkunft und hat uns somit zum Zentrum des Drogenumschlagplatzes in Lissabon gebracht.

Jetzt ist es aber erst einmal wichtiger unser Hotel zu finden. Also gehen wir nun die schmale Parallel Straße hoch. Oben angekommen versuche ich das Hotel ausfindig zu machen und stelle fest, das wir uns dem Objekt vorhin bis auf 7m genähert hatten, allerdings beim ersten Anlauf uns aber uns dann zu früh umgedreht haben. Was soll’s?! Jetzt heißt es ein drittes Mal an den Dealern, mit den Koffern vorbei zu laufen. Die glauben bestimmt wir wollen was kaufen, aber trauen uns nicht.

Endlich betreten wir das Hotel. Das sieht ganz nett aus und nach einer kurzen Check-in Prozedur können wir unser Zimmer betreten. Das ist echt schön und geräumig. Vor allem das Badezimmer mit dem 80er Jahre Retro Duschvorhang. Man/ Frau hat viel Platz, nur leider außer dem Waschbecken keine Ablage Möglichkeit und so müssen wir unsere vielfältigen Kosmetik Utensilien auf dem Boden ausbreiten.

Endlich kann es los gehen. Ich frage noch schnell bei den Mädels an Rezeption ob sie uns ein Landestypisches Restaurant empfehlen können. Können Sie und so gehen wir mit einem handgeschriebenen Zettel auf dem zwei Restaurants stehen raus auf dem Platz um uns ein viertes Mal an den Dealern vorbei zu schleichen.

Die Straße in die wir müssen ist überseht von Touristen (meist Paare mittleren Alters) und Restaurants die ihre Speisen in 4-5 Sprachen anbieten. Also kein Insider Tipp von der netten Dame am Empfang. Wir gehen die Straße weiter Richtung Norden nur weg von den vielen alten hässlichen Touristen in ihren Socken in den bequemen Wandersandalen mit Shorts und hellblauen Streifenhemden.

Schatzi hat Hunger. Das bedeutet es ist wichtig innerhalb der nächsten 15min eine Location anzusteuern damit der Blutzuckerspiegel und die Laune nicht sinken. Das hätte verheerende Folgen für den Abend. Während ich noch mit Google Maps und den gekritzelten Hieroglyphen kämpfe entdeckt Schatzi eine Tram. Sofort ist der eigentliche Grund - die sofortige Nahrungsaufnahme - vergessen. Die beste aller Ehefrauen faselt nur etwas von total angesagt und muss man mit gefahren sein. Also mit Essen wird das wohl jetzt nix. Und so geht es zur Graffiti übersäten Tram. Der Tramführer will auch nur Bargeld haben. Aber meinen 50€ Schein nicht wechseln. A....loch, ok also suche ich jetzt mein Kleingeld mühsam zusammen um für die Tram mehr zu bezahlen als mit dem Bus vom Flughafen in die Innenstadt. Touristennepp! Egal wenn Schatzi glücklich ist, will ich dankbar sein. Und so fahren wir für 6,80€ 2min bis wir die Bahn an der Endstation verlassen müssen.

Wir sind oben aber wo geht es jetzt hin? Also folgen wir unauffällig den jungen hippen Mädels die zielstrebig vor uns auf den Jardin do Torel zu steuern. Am Eingang steht ein Security Mann und kontrolliert argwöhnisch die Rucksäcke einiger Besucher. Wir gehen einfach an ihm vorbei hinein in den Park. Nach einigen Metern stellen wir fest, dass wir auf einer Art Rooftop Party gelandet sind mit einem fantastischen  Blick auf die Altstadt Lissabons. Es ist eine unglaubliche Atmosphäre. Die Leute sind jung, hipp und ziemlich stylish. Und so verweilen wir eine ganze Zeit hier oben mit einem Bier und guter Musik, bis uns dann doch der Hunger plagt. Es geht zurück zur Tram. Die fährt allerdings nicht mehr und wir müssen den Abstieg zu Fuß antreten. Zum Glück ist der Weg nicht so weit und nach 10min sind wir wieder am Ausgangspunkt angekommen.

Nun heißt es ein Restaurant zu finden was den allgemeinen Ansprüchen gerecht wird. Das ist allerdings um diese Uhrzeit nicht einfach. Eine regelrechte Invasion von Touristen hat in der Zwischenzeit in der Rua das Portas de Santo Antão die meisten Tische vor den Restaurants belagert. Wir suchen noch immer eine der „Empfehlungen“ und endlich nach 15min stehen wir vor dem Geheimtipp an dessen Tischen bereits Engländer, Deutsche und Spanier Platz genommen haben. Wir haben Glück und bekommen einen Tisch draußen in der Ecke am Heizstrahler zugewiesen denn mittlerweile ist es schon etwas frisch geworden und der besten aller Ehefrauen ist in ihrem luftigen Meshkleid kalt.

Wir bekommen die Speisekarte für Deutsche Touristen auf Englisch und bestellen Wein, Wasser, Vorspeisen und zwei Hauptgerichte. Nach 3min kehrt der Oberkellner zurück und teilt mir mit das der Oktopus aus ist. Ich wähle jetzt Garnelen mit Knoblauch. Während die Göttergattin ihren Status auf Instagram checkt und wir unsere Vorspeisen verköstigen, schaue ich mich ein wenig um.

Schräg gegenüber geben zwei Straßenmusiker ihr Bestes. Ich überlege ob ich Ihnen Geld geben soll, damit sie weiter ziehen, da das was sie spielen etwas von Körperverletzung hat. Ein Besitzer aus dem benachbarten Restaurant hat die gleiche Idee und gibt den pseudo Künstlern etwas Geld und zeigt Richtung Hauptplatz. Während nun etwas Ruhe einkehrt kommt das Hauptgericht. Als ich meinen Kabeljau tipo de Casa bestellt habe, hatte mir der "Garcom Chefe" mir vielsagend zugezwinkert und meine Bestellung mit einem Daumen hoch bewertet. Nun, meine Bewertung fällt da etwas anders aus. Unter einer dicken Schicht von Mayonnaise ist der Fisch versteckt und nach meinen bisherigen Erfahrungen handelt es sich vermutlich um einen Pangasius der glaubte ein Kabeljau zu sein. Schatzi hat da mehr Glück und pullt Ihre Garnelen, die scheinen zumindest das zu halten was die Karte versprochen hat.

Ich konzentriere mich jetzt darauf, wie der Chefchirurg des Bielefelder Klinikum, behutsam die 3cm dicke Schicht aus Mayonnaise vom Fisch zu trennen ohne selbigen dabei zu verletzen. Nach dem geglückten Eingriff kann auch ich mit dem Essen beginnen. Als ich meine Teller anschaue wirkt das Ganze jetzt eher wie Fish & Chips mit den frittierten Kartoffelscheiben. Der Hunger treibt es rein und zum Glück haben wir eine ganze Flasche Wein zum nachspülen auf dem Tisch stehen.

Als der „Chefe“ abräumt fällt sein Blick auf meinen Teller. Er schaut mich dabei verwundert an. Ich nehmen an das er dachte, das ich ordentlich meinen Teller leer essen werde. Die Wette hat er wohl verloren.

Für heute geht es ein letztes Mal an den Dealern vorbei. Vermutlich kaufen einige Touristen das Zeug bevor sie zum Essen gehen oder danach. Kommt vermutlich auf die Einstellung an. Entweder um das schlechte Essen hier in der Touristen Meile genießbar erscheinen zu lassen, oder das erlebte zu verdrängen.

Ich bin zum Glück Dank des Weines in einer glückseligen Verfassung und falle sobald wir das Hotelzimmer betreten haben in einen tiefen festen Schlaf.