Lissabon Tag 2

Die beste aller Ehefrauen schläft noch während die ersten Sonnenstrahlen, die in unser Zimmer scheinen, mich wecken. Ich schleiche mich leise in unser riesiges, aber sehr spartanisch eingerichtetes Badezimmer, um hier in Ruhe meiner Social Media Verantwortung nachzukommen. Schließlich ist die Erwartungshaltung an einen Micro Influencer unverhältnismäßig höher als an eine Mega Brand.

Das Essen von gestern habe ich verdrängt und ich werde auch keine Fotos davon hochladen. Das würde beim besten Willen nix werden - auch mit dem Einsatz von Snapseed und mehreren Filtern übereinander nicht.

Es ist 10:00Uhr und Schatzi ist mittlerweile auch soweit. Da es heute bis zu 27Grad warm werden soll habe ich mich für Shorts und Adiletten (eigentlich sind es ja Reebockletten) entschieden.

Wir verlassen das Hotel in Richtung Strand und treffen wieder alte Bekannte. Schon morgens stehen die Dealer auf der Straße und versuchen ihre „Ware“ loszuwerden. Mir ist aber nach Kaffee und so gehen wir weiter. Zuerst machen wir allerdings noch ein paar Insta Bilder auf dem Praca de D.Pedro IV. Besser jetzt auf leerem Magen, dann muss ich den Bauch nicht so stark einziehen, wenn die beste aller Ehefrauen Bilder von mir macht. Ich vermute das es einfach die falsche Perspektive ist, aus denen die beste aller Ehefrauen fotografiert, die meinen Bauch immer so dominant erscheinen lassen.

Die ersten Bilder sind gemacht und nun geht es auf der Rua Augusta Richtung Meer. Wir kommen vorbei an der Fabrica de Nata und statt einem „klassischen“ Frühstück gibt es jetzt die bekannten portugiesischen Pasteis de Nata. Jene mit Pudding gefüllte Blätterteigtörtchen die von Mönchen im 18.Jahrhundert kreiert worden sind. Der Genuss ist himmlisch wenn die Törtchen noch warm sind, für meine Figur sind die die Hölle. Da ist alles drin was ich im momentanen desolaten Zustand meines Körpers nicht essen sollte. Egal, sagt die beste aller Ehefrauen. Sie meint ich könnte nach dem Wochenende doch wieder Sport machen.

Es ist noch früh aber es sind schon unzählige Touristen unterwegs. Auch die Straßencafés sind schon gefüllt. Nach 15min erreichen wir den Arco da Rua Augusta, einem Triumphbogen aus dem 18.Jahrhundert und nachdem wir diesen durchschritten haben stehen wir auf dem Praca do Comércio-der Platz des Handels. Der Name ist passend weil auch hier Heerscharen von Dealern warten, um uns unaufgefordert immer wieder Ihre „Waren“ anzubieten. Ein wenig nervend ist das schon auf Dauer, weil man gar nicht mehr weiss wo man hinschauen soll, ohne gleich angesprochen zu werden.

Wir gehen weiter bis wir das Wasser erreichen. Einen Strand gibt es hier nicht nur einen 20m langen aufgeschütteten Abschnitt. An den in das Wasser führenden Stufen will ich noch ein paar Fotos von mir machen lassen. Das ist allerdings nicht so einfach bei all den unprofessionellen Touristen, die einem ständig unaufgefordert durch das Bild laufen. Eine Gruppe von 3 Indern ist hier besonders penetrant und beansprucht weitläufig die gesamte Treppe die ins Wasser führt um sich gegenseitig zu fotografieren. 

Aktuell sind an der Promenade jede Menge Baustellen und so verlassen wir über den Praca do Comércio wieder den "Strand" und gehen zurück Richtung Innenstadt.

Auf dem Praca do Município finden wir eine dieser grünen Büdchen in der man sich Getränke holen kann. Das Café ist leer, nur ein paar Leute sitzen hier und genießen die Ruhe fernab der stark frequentierten Hauptrouten der unzähligen Ü70 Touristen in Lissabon.

Nach dieser kurzen Pause zieht es uns weiter auf der Rua do Arsenal Richtung Westen. Vorbei an kleinen Geschäften die allerlei Tand anbieten. Ein Laden z.B. hat nur Sachen aus Kork. Da gibt es Untersetzer, Armbänder bis hin zu Handtaschen. Schön ist da allerdings wenig. Aber vermutlich trifft es den Geschmack der Ü70 Touristen die in diese Stadt wie Heuschrecken einfallen und vor nichts halt machen.

Etwas weiter entdecken wir einen stylischen Sardinen Shop. Der verkauft wirklich nichts anderes als Sardinen in Dosen. Sardinen in Öl, Sardinen in Wasser, mal mit Tomaten und scharf und mal mit Teriyaki Sauce. Der ist es allemal wert sich anzuschauen und zumindest eine der coolen und stylischen Dosen mit zunehmen. Selbst wenn man den Fisch nicht essen mag, als Deko haben die Dosen echt potential.

Bei den Temperaturen bekomme ich schon wieder Durst. Vielleicht sind es aber auch die ersten Alterserscheinungen, ich möchte mich schon wieder hinsetzen. Keine Ahnung, ist auch egal, ein Bier muss her. Und so zieht es uns wieder runter an die Promenade in der Hoffnung eine einigermaßen coole Bar zu finden die den Zutritt der Ü70 Touristen verbietet.

Am Meer angekommen haben wir Glück und finden eine Bar mit Liegestühlen. Das etwas umständliche besteigen der Stühle sorgt dafür das der Altersdurchschnitt nicht ganz so hoch ist wie bei den anderen Cafes´. Ist vermutlich mit einem künstlichen Hüftgelenk auch nicht so einfach in die Dinger rein oder raus zu kommen. Wir bestellen zwei kleine Bier. Es dauert relativ lange bis wir das perfekt Bild gemacht haben umso schöner ist der Genuss.

Die beste aller Ehefrauen hat ausgetrunken und das bedeutet es geht weiter. Wir halten uns jetzt wieder Richtung Norden und gehen langsam die Rua das Flores bergauf, parallel zu der Rua do Alecrim die deutlich mehr Touristen als Weg dient.

Hier entdecken wir die Bythewine Weinbar. Die sieht schon auf dem ersten Blick ziemlich cool und stylish aus und ich fotografiere gleich mal den den Eingang damit ich später noch weiss wonach ich googeln muss und hoffe wenn wir gegen Abend zurück kehren das die Ü70 Passagiere wieder an Bord des Traumschiffes sind und wir zumindest ein paar Stunden im Umfeld von jüngeren oder zumindest gleichaltrigen verbringen werden.

Wir laufen die Straße weiter rauf und erreichen den Praca Luis de Camões. Ein kleiner Platz mit ein paar Geschäften. 

Hier entdeckt die beste aller Ehefrauen einen NYX Laden und ich muss ihr unfreiwillig folgen. Einmal betreten ist die Verweildauer in der Regel mindestens 60min und das obwohl Schatzi die Kollektion von NYX in und auswendig kennt. Was soll´s da muss ich jetzt durch. Leider gibt es hier nicht wirklich etwas für Männer. Einen Moment ziehe ich in Erwägung den schwarzen Nagellack mal auszuprobieren, verwerfe diese Idee aber sehr schnell wieder, da ich glaube das die Welt noch nicht reif für Männer Ü50 ist, die sich die Fussnägel schwarz lackieren. Der Einzige der das mit Würde tragen konnte ist Seal, aber Heidi hat ihn trotzdem verlassen.

Nachdem die beste aller Ehefrauen endlich sich entschieden hat können wir den Laden wieder verlassen. Diesmal geht es Richtung Osten zum Centro Comercial e Cultura Espaco Chiado in dem sich ein Mango Mega Store über 4Etagen befindet.

Allerdings werden wir hier nicht wirklich fündig und so verlassen wir ohne eine Shopping Bag den Tempel im Erdgeschoss und steuern so langsam unser Hotel wieder an um nicht nur unsere Handys aufzuladen.

Nachdem wir uns kurz erholt haben und uns umgezogen haben geht es weiter mit der Entdeckungstour. Nun geht es Richtung Nord/ West auf dem Praca dos Restauratos in das High Class Fashion Viertel von Lissabon. Hier reihen sich Marken wie Gucci, Prada und Louis Vuitton aneinander. Wir betreten den Louis Vuitton Store in der Av. da Liberale 190. Natürlich sind nur wohlhabende Touristen hier. Entweder Araber oder Russen. Nachdem man uns eine Verkäuferin zugewiesen hat teile ich ihr mein Anliegen mit. Ich möchte gerne die Badelatschen von Louis Vuitton probieren. Man wäre das ein Hingucker wenn ich mit denen in dem Fitness Studio meines Vertrauens aufschlagen würde. Während die nette Bedienung ins Lager geht frage ich mich wie wohl die “Probiersocken” von Louis Vuitton aussehen werden. Denn ich bin ja sozusagen barfuß in meinen Reebokletten unterwegs.

Zu meiner Verwunderung darf ich die 390€ teuren high class Badelatschen mit meinen original verschwitzten und verstaubten Füßen anprobieren. Jetzt frage ich mich natürlich in welchem Zustand waren wohl die Füße die vor mir die Latschen probiert haben und werden diese anschliessend desinfiziert? Ist mir jetzt aber egal und ich möchte nicht weiter darüber nachdenken - zuviel Kopfkino.

Ich schlüpfe in die Latschen rein und im gleichen Moment auch wieder raus. Die Dinger sind so weit das ich diese nicht an mir halten kann. Für welche Hobbit Füße die wohl gemacht worden sind? Oder hatte der Produktentwickler bei der Anprobe und Freigabe Wasserablagerungen im Mittelfuß. Ich bitte die nette Verkäuferin mir den “Schuh” noch mal eine Größe kleiner zu bringen, in der Hoffnung das dieser besser passen könnte. Während ich warte schaue ich mich ein wenig um. Hinter uns ist ein Oligarch mit seiner “Trophäe” ( so nennt man wohl die size zero Barbie Puppen die mit allerlei Plastik sich haben tunen lassen ) beim exzessiven Shopping. Auch hier stelle ich wieder fest das Reichtum nicht unbedingt mit Stil und Geschmack gepaart sein muss und das hat auch Louis Vuitton verstanden, das es Zielgruppen gibt die man für Umsatz einfach bedienen muss.

Der Schuh kommt eine Nummer kleiner, das Problem bleibt so groß wie beim ersten Paar. Verständnisvoll lächelnd nimmt mir die freundliche Verkäuferin die Plastik Latschen wieder ab und verstaut diese im Schuhkarton. Ich vermute das die Schuhe nicht desinfiziert werden und hoffe das mein Vorgänger nicht Fusspilz oder andere ansteckende Dinge an seinen Füssen hatte.

Es geht weiter vorbei an den Luxus Boutiquen. Am Parca Marques de Pombal kehren wir schließlich auf der anderes Straßenseite zurück. Die beste aller Ehefrauen hat Hunger und ich habe Durst. Und so quälen wir uns durch die etwas heruntergekommene Beton Wüste Lissabons Richtung Ausgangspunkt.

Heute Morgen hatten wir ein stylishes Frühstückskaffee in der Altstadt entdeckt, aber leider keinen Sitzplatz bekommen. Daher wäre es nun eine willkommene Location unsere unterschiedlichen Bedürfnisse zu decken.

Statt des Café entdecken wir eine ziemlich coole Bierbar. In der Cerveja Canil, in der Rua dos Douradores, gibt es 32 Biersorten vom Fass. Ein Traum für den der Bier mag. Darüber hinaus ist auch das Essen ziemlich lecker. Die beste aller Ehefrauen bestellt einen Cheeseburger mit Basilikum Pesto und ich einen Burger mit Ziegenkäse und getrockneten Tomaten. Beides ist extra klasse und auf jeden Fall empfehlenswert.

Nachdem wir gegessen haben und ich 4 verschiedene Biersorten probiert haben ist es Zeit sich Richtung Hotel auf zumachen. Schließlich brauche ich in meinem Alter eine gewisse Regenerierungsphase, um heute Abend auch noch einigermaßen gut auszusehen wenn wir die Weinbar besuchen wollen.

Nach einer angemessen Phase in der der Körper in der horizontalen Position sich befunden hat, machen wir uns so langsam fertig für den Abend. Schatzi hatte sich auf dem Rückweg von der Bierbar noch einen Spitzen Blouson bei ZARA geschossen, um ihr Outfit noch abzugraden. Ich für meine Teil hatte mir im Vorfeld die Temperaturen auf Wetter.de angesehen und hatte eine Jacke für die kühleren Abendstunden im Koffer dabei.

Mittlerweile habe ich aufgehört zu zählen, aber wir werden ein weiters Mal angehalten Drogen zu kaufen. Obwohl den Dealern unser Gesicht mittlerweile bekannt vorkommen müsste lassen diese einfach nicht locker.

Wir verlassen den Drogenumschlagplatz und gehen Richtung Westen hoch in die Altstadt von Lissabon. Mit google.maps in der Hand versuche ich durch Altstadt und den Touristen Massen den Weg zur Weinbar zu finden. Das ist eigentlich einfach, nur ab und zu spielt die Ausrichtung nach Norden mir einen Streich, aber nach 20min erreichen wir endlich unser Ziel.

Bythewine ist wohl ein ziemlich hipper #placetobe. Die Leute stehen bereits auf der Strasse mit den Gläsern in der Hand. Es ist 22:00Uhr und ohne Reservierung unmöglich einen Platz zu bekommen. Und so reihen wir uns in die vielen Tischlosen Besucher mit unseren Gläsern in der Hand. Gegen 23.00Uhr kommt die nette und sehr stylische Platzanweiserin zu uns und fragt ob wir jetzt an der Theke Platz nehmen wollen. Ich befürchte das sie Mitleid mit mir hat und bevor ich hier altersbedingt umkippe sie es für ratsamer hält mir einen Stuhl anzubieten. Wir nehmen dankend an und da meine letzte Nahrungsaufnahme bereits mehrere Stunden her ist bestelle ich gleich noch einmal eine Schinkenplatte. Dazu gibt es eine leckeren portugiesischen Weisswein und so geniessen wir noch einige Zeit die tolle Atmosphäre bevor wir langsam wieder Richtung Hotel zurück schlendern, nicht ohne unseren guten Freunden den Dealern im vorbei gehen noch eine gute Nacht zu wünschen.