Lissabon Tag 3 und das Resümee

Es ist 08:00 Uhr und ich schlage die Augen auf. Nach dem wundervollen Abend in der Wein Bar heißt es heute früh den Koffer packen und auschecken. Da unsere Boarding Zeit erst gegen 18:10Uhr ist können wir heute noch ausgiebig Sightseeing machen. Die beste aller Ehefrauen hat vorgeschlagen, dass wir mit der angesagten Tram 28 fahren müssen. Ich habe heraus gefunden das die beste Zeit früh morgens oder spät abends sei, ansonsten müsste man bis zu 90min warten um einen der angesagten Plätze zu ergattern. Glücklicherweise liegt das Hotel 2min von der Tram Station entfernt und so verlassen wir positiv gestimmt das Hotel.

Als wir die Rua da Palma erreichen fährt die gelbe Tram 28 gerade um die Kurve. Als diese hält stellen wir fest, das bereist hundert Touristen vor uns an der Haltestelle stehen. Wartezeit für uns mindestens 60min. Ich stelle mich etwas abseits hin, um diese Szene aus der Ferne zu betrachten. Es ist total bescheuert sich jetzt hier anzustellen denke ich, als mich ein sehr sehr großer schwarzer Mann auf Englisch anspricht.“ Hey man, you look smart. It´s stupid to wait so long for this tram.“ Ja ich finde es doof mich hier anzustellen und 60min meiner Lebenszeit damit zu verschwenden um zu warten, um dann mit einer alten überfüllten Straßenbahn bei 32Grad durch die Gegend zu fahren. Ich gehe zu der besten aller Ehefrauen, deren Warteposition sich gerade mal um 30cm verbessert hat. Ein tiefer eindringlicher Blick und der Appell das ich vermutlich nicht mehr lange genug leben werde um meine kostbare Zeit hier zu verschwenden überzeugt Schatzi das wir nach einer Alternative Ausschau halten. Meine Wahl fällt auf den 2,01m großen schwarzen Mann, der mich vor 5min angesprochen hat. Mit der besten aller Ehefrauen im Schlepptau gehe ich zurück zur Tram Station, wo er sich die immer länger werdende Schlange von Touristen anschaut. Nach ein paar Minuten haben wir einen Deal und so folgen wir ihm zu seinem Tuktuk zu einer ganz besonderen Sightseeing Tour.

Zunächst erfahren wir das Brylle, so heißt unser Fahrer, gebürtig aus Kamerun stammt und in der französischen Basketball National Mannschaft gespielt hat. Irgendwann ist er dann nach einem Transfer in Lissabon hängen geblieben.

Es geht los zum ersten Stop. Wir halten an einem Platz auf dem die bekannten Blue Jacaranda Bäume stehen. Zeit für die ersten Selfies. Das gute an Brylle und der Tuktuk Tour ist das wir nun jeder Zeit an jedem Ort halten können und nicht in einer alten Bahn mit 30 anderen verschwitzten Touristen an den Sehenswürdigkeiten vorbeifahren.


Kathedrale von Lissabon

Largo da Sé, 1100-585 Lissabon

Next Stop ist die Kathedrale von Lissabon. Im Minuten Takt halten hier die Tuktuks mit Heerscharen von Touristen die sich hier das Bauwerk ansehen wollen. Brylle steigt mit uns aus und erzählt etwas über die Geschichte des Bauwerkes und zeigt uns noch zwei interessante versteckte Symbole im Mauerwerk. Wir haben jetzt noch die Möglichkeit uns die Kirche von Innen anzusehen. Das machen wir auch, aber offen gesagt findet sich hier nichts neues oder spektakuläres was wir noch nicht in anderen Kirchen gesehen haben und so geht unsere Tour auch weiter.

Die nächste Station ist das Teatro Romano in Lissabon. Die erste Blütezeit erlebte Lissabon unter den Römern, die sich 205v.Chr. hier an der Tejo-Mündung niederließen und aus Olissopona den bedeutendsten Handelsplatz Lusitaniens machten. Hier haben einmal 300 Leute Platz gefunden. Spannend ist es nicht sich die alten Mauerreste anzusehen. Interessanter ist der Ausblick auf der gegenüberliegenden Seite. Dort hat man eine Aussichtsterrasse gebaut. Allerdings ist der Zutritt nur über das Museum zu erreichen, aber weder die Ausstellung noch der Blick sind mir 16€ wert. Brylle wartet schon an der nächsten Ecke mit seinem Tuktuk auf uns und wir steigen ein um unsere Tour fortzusetzen.

Leider habe ich vergessen den Selfie Stab aufzuladen und so muss ich notgedrungen jedes Foto mit dem Selbstauslöser machen. Die Schwierigkeit ist nun den richtigen Zeitpunkt zu finden, dass niemand durch das Bild läuft.

Mit viel gehupe geht es den Berg weiter hoch zur nächsten Kirche, der Miradouro de Santa Luzia und einer Aussichtsplattform. Mittlerweile habe ich die ersten Koffeinentzugserscheinungen. Denn heute Morgen gab es noch keinen Kaffee, also keine „richtigen“ Kaffee. Mit den typischen Entzugserscheinungen eines Abhängigen trotte ich der besten aller Ehefrauen hinterher zu den IN Locations um ein paar Insta taugliche Selfies zu machen. Meine verzweifelten Blicke und mein Flehen nach Kaffee ignoriert Schatzi einfach während sie sich in die richtige Pose rückt.

Als wir danach Brylle erreichen wende ich mich an ihn. Mit einem Lächeln antwortet er das wir beim nächsten Stop ein Café vorfinden werden in dem ich meiner Sucht nachkommen kann. Ich hoffe ich halte das noch so lange aus.

10min später erreichen wir eine weitere Kirche, den Namen habe ich verdrängt. So langsam geht mir das schon auf die Nerven. Erinnert mich jetzt an meine Eltern, die schauen sich auch immer Kirchen im Urlaub an dabei sind die schon seit Jahren aus der Kirche ausgetreten.

Statt der Kirche und der Aussicht wähle ich das Café und bitte um einen Cappuccino für einen verzweifelten Touristen. Der Cappuccino kommt und endlich kann ich ein wenig entspannen bevor es die beste aller Ehefrauen schon wieder in das nächste historische Gebäude zieht nur damit sie wieder etwas in ihrem Status posten kann.

Wir stehen nun in einem mit blau weißen Kacheln gefliesten Raum. Mehr gibt es nicht und der tiefere Sinn bleibt mir auch verschlossen. Schatzi sagt ich wäre ein Kulturbanause. Mir ist trotzdem irgendwie langweilig und so bin ich froh als wir wieder auf der Straße Brylle treffen. Ihm zu zuhören ist dann wesentlich kurzweiliger während mir eine leichte Briese um die Nase weht.

Die alte Festung umfährt Brylle. Da sind eh nur die Außenmauern nach der Zerstörung aufgebaut. Also eine echte Mogelpackung - leider gibt es keine Verbraucherschützer für Touristen die solche Dinge öffentlich machen. Zumindest kann ich beim nächsten Stop noch einmal ein Foto von der coolen Party Location vom Freitag machen und wir genießen den Blick über Lissabon.

Next Stop - nächste Kirche, oder zumindest so etwas in der Art. Zum Glück ist das Gebäude heute geschlossen und so fahren wir weiter zu einer Mauer die komplett mit verschiedenen Motiven gefliest worden ist. Weit und breit ist kein Tourist zu sehen. Herrlich und so haben wir ungestörte Aussicht und Möglichkeit Sefies oder „fake“ Selfies zu schießen.

Die Tour nähert sich jetzt dem Ende. Unser letzter Punkt ist das Viertel Alfama. Ein kleines Viertel in den Anhöhen von Lissabon mit vielen kleinen verwinkelten Gassen. Hier sind die Gassen so schmal das keine Autos hier langfahren können. Allerdings haben auch hier wohl seit Jahrhunderten Touristen den Berg erklommen und so finden sich allerlei „lokale“ Restaurants die ihre Speisen in 5Sprachen anpreisen.

Hier heißt es nun Abschied nehmen von Brylle. Schnell machen wir noch ein Selfie und tauschen die Handynummern aus. Man weiß ja nie, obwohl ich jetzt schon weiß das ich nicht mehr nach Lissabon kommen werde.

Es ist heiß, ich bin durstig und möchte etwas essen, aber in die klassischen „Touribuden“ will ich nicht. Zum Glück stehen wir vor einer stylischen Location. Die hat zwar keine Plätze im Freien aber im Inneren sieht es cool aus. Und außerdem haben wir uns am Samstag eh schon leichte Verbrennungen des Oberhautgewebes zugezogen.

Ich frage die nette Bedienung was sie uns empfehlen könne was ohne Kohlenhydrate sei - schließlich ist meine Figur gerade in einem miserablen Shape. Sie lacht nur und sagt das wäre schwierig. Ausgerechnet die Spezialität des Hauses ist ein Shrimpssalat im Brot. Ok, hört sich lecker an und deshalb bestelle ich diesen auch für die beste aller Ehefrauen, die jammert nicht über ihren Bodyshape - muss sie auch nicht, das sei hier mal erwähnt. Ich wähle den Oktopus und zur Überbrückung gibt es noch Oliven und ein Bier. Das Essen kommt und übersteigt meine Erwartungen um ein vielfaches die ich an diesen Ort hatte.

Nach dem Essen bestelle ich noch einen Espresso und dann geht es gemeinsam mit Schatzi zurück Richtung Innenstadt. Mit dem Handy in der Hand versuche ich bei der sengenden Hitze den Ausweg aus dem Labyrinth der Gassen zu finden. Das ist gar nicht so einfach, zumal die beste aller Ehefrauen immer wieder spontane Richtungswechsel vorschlägt.

Am Ende gelingt es uns aber doch dem Norden zu folgen und erreichen wir die erste Station, die Kathedrale von Lissabon, die wir mit Brylle besucht haben. Von der anderen Seite kommend entdecken wir, das noch andere „Bielefelder“ hier gewesen sein müssen. An einer Baustelle haben sich „Arminia“ Fans mit einem Graffiti verewigt.

Es geht nun weiter der Berg hinunter Richtung Innenstadt. Mittlerweile fährt die Tram 28 im 10min Takt an uns vorbei. Vermutlich ist das der verzweifelte Versuch den nicht enden wollenden Fluss an Touristen zu bewältigen die Lissabon überfallen.

Nach 10min Fußmarsch erreichen wir eine kleine nette Eisdiele und wir entscheiden uns den weiteren Fußweg mir etwas Abkühlung zu versüßen. Ist aber eine doofe Idee das Eis mit auf die Straße zu nehmen. Bei den Temperaturen schmilzt das Eis in Sekunden von Bruchteilen. Genuss ist das hektische abschlecken des Eis nun wirklich nicht. Ziellos folgen wir den Straßen, gehen noch einmal bei unseren "Bekannten" den Dealern vorbei um uns zu verabschieden und steuern jetzt das Hotel an. In 50min fährt unser Bus zurück zum Flughafen und die verbleibende Zeit nutzen wir um uns etwas zu akklimatisieren, die Handys aufzuladen und uns für Deutschland passender anzuziehen.

Die Busfahrt zum Flughafen ist ohne besondere Vorkommnisse und am selbigen angekommen trotten wir zu dem baggage drop of Gate von Eurowings, hatte ich uns ja bereits am Samstag früh eingecheckt.

Vor uns ist bereits 2Stunden vor Abflug eine riesige Schlange. Ein Ü70 Kegelverein aus Krefeld war auch über das Wochenende in Lissabon und hält nun den gesamten Verkehr auf, weil Lisbeth neben Gisela sitzen möchte aber Hans-Peter nicht neben Manfred uns so hat das Bodenpersonal einiges zu tun die Maschine noch einmal komplett umzusetzen.

Während sich die Schlange wegen Gisela nur langsam auflöst, werden wir unfreiwillige Zuhörer eines Monologs hinter uns. Da steht er also, der Mann ohne Geschmack, mit schlecht sitzenden Klamotten die vorne und hinten niemals vor hatten miteinander an einem Körper getragen zu werden und dieser Mann um die 40 erklärt nun sich und der umliegenden mitreisenden Gruppe das er so gar nix von Marken Klamotten hält. Das glaube ich Dir aufs Wort, denke ich mir. Und vermutlich möchte auch keine Markenklamotte von Dir getragen werden, weil Du es auch gar nicht zu schätzen wüsstest. 

Endlich komme ich aus der verbalen Zwickmühle zwischen Gisela und dem Mann ohne Geschmack und Markenklamotte raus. Ich stelle schnell unsere Koffer aufs Band und da wir schon eingecheckt waren ist die Prozedur schnell vorüber und wir können Richtung Boarding Gate flüchten.

An unserem Abfluggate angekommen habe ich noch einmal Zeit ein Resümee zu ziehen und komme zu dem bereits erwähnten Entschluss das 1x Lissabon und zurück reicht.

Die Stadt hat sich scheinbar auf all die Heerscharen von Ü70 Touristen eingestellt. Die zahlen ja noch gerne mit Bargeld und vermutlich haben der ein oder andere auch noch D-Mark dabei. Das ständige penetrieren der Dealer und das tolerieren von Seiten der örtlichen Polizei hat mich schon sehr überrascht.

Am Ende habe ich aber trotzdem ein tolles Wochenende mit der besten aller Ehefrauen verbracht und das ist wohl auch das Einzige was zählt.